Endlich Gewissheit bei Allergien und Unverträglichkeiten
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Endlich Gewissheit bei Allergien und Unverträglichkeiten

Die Birke blüht und du musst niesen? Du knabberst eine Erdnuss und im Mund beginnt es zu brennen? Nach dem Honigbrot meldet sich der Darm lautstark zu Wort? Verschiedene Tests können Klarheit schaffen, ob dahinter eine Allergie oder eine andere Reaktion des Körpers steckt. Doch nicht alle sind immer aussagekräftig und manchmal ist auch etwas Geduld gefragt.

Allergien können eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, von leichten Beschwerden bis zu lebensbedrohlichen Reaktionen. Ein häufig angewandter diagnostischer Test ist der Pricktest. Dabei wird eine kleine Menge des allergieauslösenden Stoffes auf die Haut aufgetragen und anschließend mit einer kleinen Nadel winzige Einstiche oder Kratzer gesetzt. Liegt eine Allergie vor, rötet sich die betroffene Hautstelle, juckt und/oder schwillt an.

Während dieser Test bei Pollen, Gräsern, Tierhaaren/Hausstaub, aber auch Insektengiften (siehe unten) die Diagnostik der ersten Wahl darstellt, ist seine Aussagekraft bei Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten oftmals beschränkt und sollte mit entsprechenden Blutuntersuchungen kombiniert werden.

Um diesen Allergien oder Unverträglichkeiten auf die Spur zu kommen, empfiehlt Dr. Gernot Kriegshäuser, Facharzt für medizinische und chemische Labordiagnostik und Allgemeinmediziner von IHR LABOR 1010, eine „symptomorientierte Stufendiagnostik“ – also Schritt für Schritt mögliche Allergien, Pseudoallergien und Unverträglichkeiten auszuschließen.

Foto: Artur Rutkowski– Unsplash

Erdbeeren können bei manchen Menschen teils starke allergische Reaktionen auslösen.

Vier relevante Gruppen von (Lebensmittel-)Allergien und -Unverträglichkeiten:

Zur ersten Gruppe gehören die Typ-1-Allergien, die mit dem Immunglobulin E (IgE, siehe auch Infobox „IgE und IgG“) zusammenhängen und innerhalb von Minuten zu lebensbedrohlichen Reaktionen wie dem anaphylaktischen Schock führen können. „Lebensmittel wie Erdnüsse oder Erdbeeren, aber auch Bienen- und Wespengift können diese Reaktionen auslösen“, erklärt Dr. Kriegshäuser. Eine Allergie gegen Bienen- oder Wespengift lässt sich auch gut mit dem Pricktest nachweisen.

IgG-vermittelte Unverträglichkeiten bilden die zweite Gruppe und gelten als sehr umstritten. „Der Zusammenhang zwischen dem Vorliegen solcher Antikörper und dem Auftreten von Symptomen ist nicht wirklich gut belegt“, sagt Dr. Kriegshäuser und illustriert dies mit einem praktischen Beispiel. „Wenn ich einmal im Jahr eine Martinigans esse, dann habe ich auch entsprechende IgG-Antikörper im Blut, ohne dabei jedoch unverträglich zu sein.“ Für Dr. Kriegshäuser sind solche Tests entbehrlich und sollten nur nach Rücksprache mit einer spezialisierten Ärztin/einem spezialisierten Arzt durchgeführt werden.

Die dritte Gruppe sind die sogenannten pseudoallergischen Reaktionen, bei welchen das Immunsystem unabhängig vom Vorliegen spezifischer IgE-Antikörper aktiviert wird. „Tests auf Pseudoallergien sind dann sinnvoll, wenn das Reaktionsmuster auf ein bestimmtes Lebensmittel an eine Typ-1-Allergie erinnert, aber keine entsprechenden IgE-Antikörper gefunden werden“, erklärt Dr. Kriegshäuser. Häufige Auslöser von pseudoallergischen Reaktionen sind beispielsweise Farb- und Zusatzstoffe in Lebensmitteln.

Zur vierten Gruppe zählen die zellvermittelten oder Typ-4-Allergien, die verzögert, das heißt innerhalb von 24 – 72 Stunden auftreten. Dieser Umstand gestaltet die Diagnosefindung oftmals schwierig, da in vielen Fällen kein Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme und dem Auftreten der Symptome hergestellt werden kann. Sogenannte Lymphozyten-Transformationstests können hierbei hilfreich sein, um festzustellen, ob bestimmte Zellen des Immunsystems auf einen bestimmten Stoff (etwa ein Lebensmittel oder Medikament) reagieren.

Foto: Isai Dzib – Unsplash

Auch Erdnüsse verursachen Typ-1-Reaktionen, die teilweise lebensbedrohlich sein können.

Beispiel Weizen

Ein anschauliches Beispiel für das eingangs erwähnte schrittweise „Herantesten“ ist der Nachweis einer Weizenunverträglichkeit, welche drei Gründe haben kann:

  1. Bei der Weizensensitivität (Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität) besteht eine Unverträglichkeit gegenüber von Weizenbestandteilen, die nicht zu einer Schädigung der Darmschleimhaut führt. Die Beschwerden lassen oft schon nach, wenn nur mehr wenig Weizen gegessen wird.

  2. Bei der Weizenallergie (Typ-1-Allergie) reagiert der Körper allergisch auf das Gluten im Weizen oder auf andere Weizenbestandteile. Ein Allergietest zeigt, ob der Körper spezifische IgE-Antikörper gebildet hat.

  3. Bei der Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) vertragen die Betroffenen Gluten nicht. Dadurch entzündet sich die Darmschleimhaut. Auch für diese Erkrankung gibt es spezielle Laboruntersuchungen. Betroffenen (vor allem Kinder) kann dadurch eine Magenspiegelung erspart bleiben.

Foto: RitaE - Pixabay

Weizen ist in vielen Produkten zu finden. Manche reagieren auf Gluten oder andere Weizenbestandteile.

H2-Atemtests: Keine heiße Luft

Besonders häufige Unverträglichkeiten wie Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose) und Sorbit sind ebenfalls zu beachten, wobei das Ausmaß einer solchen Unverträglichkeit sehr individuell sein kann. 

Die Diagnose dieser Unverträglichkeiten erfolgt durch den Wasserstoff-Atemtest (H2-Atemtest). Dabei wird eine definierte Menge des jeweiligen Zuckers in Wasser aufgelöst und getrunken. Liegt eine Unverträglichkeit vor, wird der Stoff vom Körper nicht aufgenommen, sondern von Bakterien im Dickdarm abgebaut – dabei entsteht Wasserstoff, welcher in mehreren Zeitintervallen in der Ausatemluft gemessen wird.

Weglassen oder doch nicht?

Milchzucker ist beispielsweise in Milch, Molke und Kondensmilch enthalten. Sorbit kommt unter anderem in Früchten wie Äpfeln, Birnen, Datteln, aber auch in Bier, zuckerfreien Lebens- und Genussmitteln (Diabetikernahrung, Kaugummi usw.) oder auch in manchen Medikamenten vor. Alle Unverträglichkeiten können auch abseits der Verdauungsprobleme zu Symptomen wie Schwindel, Benommenheitsgefühl, Konzentrationsstörungen oder Hautveränderungen führen.

Fruchtzuckerhaltige Lebensmittel wie z. B. Weintrauben, Trockenobst, Honig und Lebensmittel mit Fruktosesirup lösen bei Menschen mit Fruktoseintoleranz Beschwerden aus. Der Haken: „Die Fruktoseintoleranz kann sich durch den langfristig strikten Verzicht auf den Auslöser verschlimmern“, erklärt Dr. Kriegshäuser. Während also bei Milchzucker und Sorbit die entsprechenden Lebensmittel gemieden werden, sollten sich Menschen mit Fruktoseintoleranz, idealerweise im Rahmen einer Ernährungsberatung, an ihre persönliche Toleranzschwelle herantasten.

Foto: Louis Hansel – Unsplash

Honig enthält sehr viel Fruktose. Menschen mit Fruktoseintoleranz kann er Probleme bereiten.

Tipps zu Allergien und Unverträglichkeiten:

  1. Ein IgE-Test kann Typ-1-Allergien erfassen, die zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen können. Eine Allergie auf Bienen- oder Wespengift lässt sich gut mit dem Pricktest nachweisen.
     

  2. Tests auf IgG-basierte Unverträglichkeiten sind nur eingeschränkt empfehlenswert.
     

  3. Pseudoallergische Reaktionen können mit speziellen Tests („Basophilenaktivierungs-Test“) nachgewiesen werden – sinnvoll, wenn das Reaktionsmuster auf ein bestimmtes Lebensmittel an eine Typ-1-Allergie erinnert, aber keine entsprechenden IgE-Antikörper gefunden werden.
     

  4. Zellvermittelte Typ-4-Allergien treten häufig verzögert auf. Sogenannte Lymphozyten-Transformationstests sind hier aussagekräftig.
     

  5. Unverträglichkeiten wie Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose) und Sorbit (Sorbitol) sind häufig und sollten bei entsprechenden Beschwerden mit einem H2-Atemtest bestimmt werden.

  6. Während du bei einer Unverträglichkeit auf Milchzucker und Sorbit die entsprechenden Lebensmittel meiden musst, solltest du dich bei einer Fruktoseintoleranz an deine persönliche Toleranzschwelle herantasten – idealerweise im Rahmen einer Ernährungsberatung.

IgE und IgG

IgG (Immunglobulin G): IgG ist die häufigste Art von Antikörpern im Blut und spielt eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Infektionen. Diese Antikörper helfen auch, Mikroorganismen zu markieren, damit sie von anderen Teilen des Immunsystems leichter erkannt und zerstört werden können.

IgE (Immunglobulin E): IgE-Antikörper kommen in geringerer Menge vor als IgG-Antikörper, sind aber hochspezialisiert auf bestimmte allergieauslösende Substanzen. Wenn eine Person diesen Stoffen ausgesetzt ist, können IgE-Antikörper eine allergische Reaktion auslösen, indem sie den Körper dazu anregen, Histamin und andere chemische Stoffe freizusetzen, die Symptome wie Juckreiz, Blutdruckabfall, Schwellungen (Gesicht, Atemwege) oder Atembeschwerden verursachen können.

Kosten der Diagnostiken

Während eine Allergiediagnostik auf Typ-1-Allergien in der Regel von den Krankenkassen übernommen wird, müssen Patient*innen für andere Tests wie die Wasserstoff-Atemtests (H2-Atemtests) meist selbst aufkommen.


Autor
Redaktion Gesundheitspark
Veröffentlichungsdatum
23.05.2024
Foto: Towfiqu Barbhuiya - Unsplash

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